Interview 14.09.2015
Frankfurt am Main, den 14. September 2015 – Die Expertin im Einkauf für die Automobilindustrie und Inhaberin von PURCHASING PARTNER, Tanja Dammann-Götsch, gibt im Interview Auskunft über die weltweit aktuellen Trends im Bereich Automotive.
Allein im ersten Halbjahr 2015 war sie vor Ort in den USA, in Mexiko, China und Deutschland tätig. Das Interview fand in Frankfurt am Main statt. Es wurde von Yvonne Habermehl geführt, die zwei Jahre lang als Pressereferentin für PURCHASING PARTNER tätig war.
Frage: Was ist derzeit Einkaufsthema Nummer 1 in der Automobilindustrie in Mexiko, in den USA, in China und in Deutschland?
Tanja Dammann-Götsch: Das Thema Nummer 1 in Mexiko lautet: „Wie bekomme ich und wie halte ich gute Leute im Einkauf?“ Die führenden Automobilhersteller kämpfen weltweit auf dem Einkäufermarkt um die besten Einkäufer. In den USA stehen nach wie vor die spektakulären Rückrufaktionen im Vordergrund. Hier gab es sehr viele Unfälle, die zu Entschädigungssummen im Millionenbereich führten. Qualitätsmängel auszuschließen und gute Qualität zu einem guten Preis einzukaufen ist hier das Thema Nummer 1. In China steht eine Frage im Mittelpunkt: „Wie machen es die Deutschen? Wie kaufen die deutschen Kollegen und Kolleginnen ein?“ In Deutschland wiederum dreht sich alles um den Fachkräftemangel. Die Anforderungen an den Einkauf sind hier enorm hoch – und werden auch noch ständig wachsen. So wird es immer wichtiger, diesem Bedarf mit gutem Personal gerecht zu werden.
Frage: Gibt es markante Unterschiede in den unterschiedlichen Ländern?
Tanja Dammann-Götsch: Die Welt der Automobilindustrie ist global. Es laufen überall die gleichen Prozesse ab. In allen Ländern, in denen ich dieses Jahr gearbeitet habe, sind sehr gute und gut ausgebildete Fachkräfte in den Einkaufsabteilungen. Große Unterschiede gibt es jedoch bei der interkulturellen Teamarbeit. Hier sind alle weiter als wir hier in Deutschland.
Frage: Lassen sich Trends erkennen?
Tanja Dammann-Götsch: Ja, die Elektromobilität ist weltweit einer der wichtigsten Trends. Ein weiterer wichtiger Trend ist die Elektronik: Es wird immer mehr Elektronik in den Fahrzeugen geben – bis hin zur Entwicklung von selbstfahrenden Autos. Die Realisierung dieser Vision vom autonomen Fahren ist in greifbare Nähe gerückt.
Frage: Wie ist Ihre Einschätzung hinsichtlich des Einkäufers der Zukunft? Worauf wird es ankommen?
Tanja Dammann-Götsch: Der Einkäufer der Zukunft wird nicht mehr im Großraumbüro mit anderen Einkäufern Tag für Tag vor dem Computer sitzen und von dort aus den Einkauf abwickeln. Er wird in interdisziplinären Teams unter anderem zusammen mit Entwicklern projektbezogen arbeiten. Er wird ein Manager seiner Warengruppe sein, viel Eigenverantwortung übernehmen, die interkulturelle Kommunikation beherrschen und somit ein Allrounder eines modernen Industriebetriebes sein.
Frage: Sind Änderungen in den Einkaufsabteilungen Ihrer Meinung nach notwendig – und wenn ja, betreffen sie eher die Organisationsstruktur des Einkaufs oder mehr die Personalführung?
Tanja Dammann-Götsch: Die klassische Organisationsstruktur wird es meines Erachtens in der Zukunft nicht mehr geben. Das betrifft alle Einkäufer. Was die Führung angeht, wird es „crossfunktionale“ Teams mit fachlichen statt disziplinarischen Vorgesetzten geben. Ein Umdenken findet gerade statt. Solche Prozesse weltweit als Beraterin, Trainerin und Coach von Fach- und Führungskräften im Einkauf zu begleiten, das ist mein Job.
Frage: Was war für Sie persönlich im letzten halben Jahr von besonderer Bedeutung – während Ihrer internationalen Tätigkeit als Einkaufsexpertin der Automobilindustrie?
Tanja Dammann-Götsch: Zu sehen, dass es in den USA, in Mexiko und in China sehr gute Fachkräfte gibt, die wissbegierig sind (...) und wie gut dort die interkulturelle und interdisziplinäre Teamarbeit funktioniert, das hat mich wirklich begeistert und in meiner Arbeit enorm bestärkt.
Frage: Welche Länder werden Sie als Einkaufsexpertin der Automobilindustrie in den kommenden Monaten besuchen?
Tanja Dammann-Götsch: (...) Ich werde noch dieses Jahr dreimal in China, über mehrere Wochen in Großbritannien, in Polen, zwischendurch immer wieder in Deutschland und Anfang kommenden Jahres in den USA und in Mexiko tätig sein.
Frage: Zum Abschluss haben Sie vielleicht noch einen Tipp für Einkäufer in Deutschland?
Tanja Dammann-Götsch: (...) Bereisen Sie andere Länder, sprechen Sie mit den Lieferanten am besten auch regelmäßig vor Ort und nicht nur vom Büro aus. Besprechen Sie wichtige Details persönlich. Man gewinnt so viel durch den internationalen Austausch.
Zur Person Tanja Dammann-Götsch
Als Geschäftsführerin des Unternehmens PURCHASING PARTNER trainiert und coacht Tanja Dammann-Götsch seit 2006 Führungskräfte aus dem Einkauf der Automobilindustrie in den USA, in Mexiko, in Europa und in China. Darüber hinaus ist sie Speaker bei Messen und Kongressen. Davor war sie über 15 Jahre Führungskraft in der Industrie, unter anderem im Bereich Training & Development bei einem der weltweit größten Automobilhersteller. Tanja Dammann-Götsch lebt in Hanau.