Die Zukunft ist remote – das gilt auch für Verhandlungen im Einkauf

… und plötzlich wurde alles remote! Das ist einer der Faktoren, die wir aus Corona mitgenommen haben und der uns noch weiter erhalten bleiben wird. Bereits 2020 gaben in der Studie “The Future of Work: From remote to hybrid” des Capgemini Research Institutes 63 % der befragten Unternehmen an, dass sich die Produktivität der Mitarbeitenden im dritten Quartal 2020 erhöht habe. Zu verdanken sei dies geringeren Pendlerzeiten, flexibler Arbeitszeiten und der Einführung wirksamer Tools für die virtuelle Zusammenarbeit. Nach dem aktuellen „Global Remote Work Index“ von NordLayer ist Deutschland auf Platz 1 weltweit, wenn es um die besten Länder für remote Arbeit geht. Der „Stern“ zum Beispiel und viele weitere Magazine und Fachzeitschriften prognostizieren, dass der Homeoffice-Boom weiter anhält. Was das für den Einkauf bedeutet, beleuchten wir in diesem Blog.

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Die Vorteile von remote work oder der Arbeit im Homeoffice liegen auf der Hand. Reisezeit und Kosten werden gespart, die Umwelt wird geschont und wir sind nicht mehr abhängig von äußeren Einflüssen, zum Beispiel, wenn ein Zug entfällt oder wenn das Flughafenpersonal streikt. Für Einkäuferinnen und Einkäufer heißt remote, dass sie auch Verhandlungen digital durchführen, vielleicht sogar mit mehreren Parteien, die zugeschaltet werden. Nun haben wir der vergangenen Zeit schon viel dazugelernt – so gehören fehlende Hosen, aufdringliche Haustiere oder „interessante“ Videohintergründe, wie wir sie anfangs zuhauf hatten, bereits weitestgehend der Vergangenheit an. Dennoch gibt es auf dem Gebiet der virtuellen Zusammenarbeit noch viel Potenzial für Verbesserungen. Gerne möchte ich Ihnen einige Tipps zum Thema Einkauf remote mitgeben. Wer sich noch mehr für dieses Thema interessiert, findet weitere nützliche Tipps hierfür und zu vielen anderen aktuellen Einkaufs-Themen in meinen brandneuen Buch „Der Einkauf im Wandel“.

Tipp 1: Zahlen, Daten, Fakten griffbereit haben

Wir alle wissen, dass es sowohl uns als auch unsere Verhandlungspartner stresst, wenn minutenlang nach wichtigen Dokumenten oder bestimmten Zahlen gesucht wird. Ein einfacher, wie wirkungsvoller Tipp ist daher, immer alles griffbereit zu haben. Bevor es also in eine Verhandlung geht, sollten alle wichtigen Daten bereitgestellt sein, zum Beispiel auf weiteren Bildschirmen oder zur Not zumindest in Dokumenten, die sich mit einem Klick öffnen lassen. Neben den benötigten Zahlen und Fakten ist es ebenfalls sinnvoll, wenn die Verhandlungsvorbereitung auf dem Bildschirm griffbereit ist. Hier können sich die Einkäuferinnen und Einkäufer immer gut orientieren, was die Ziele während der Verhandlung sind.

Tipp 2: Sicherheit schaffen

Einigen Menschen fällt es schwer, nicht in dem vertrauten Meetingraum zu sitzen, der Sicherheit gibt. Auch wenn wir die Technik mittlerweile routiniert einsetzen, erzählen mir Kolleginnen und Kollegen, dass der digitale Stress enorm zugenommen hat. So heißt es beispielsweise: „Wir stehen vor dieser großen Jahresverhandlung und fragen uns, ob die Technik wirklich funktioniert.“ „Gerade wenn wir mit diesem wichtigen Partner sprechen, steigt der Puls und wir sitzen plötzlich wie in so einer Art Schaltzentrale an drei Bildschirmen. Jetzt bloß nicht den falschen Bildschirm teilen …“ In den virtuellen Verhandlungen schafft es Sicherheit, wenn man sich die Zeit für eine gute Vorbereitung nimmt. Evtl. gibt es sogar eine Kollegin, mit der im Vorfeld kurz „geübt“ werden kann. Konstruktive Kritik wie „Dein Ton ist nicht gut“, „Richte die Kamera etwas weiter nach oben“ oder Ähnliches geben Sicherheit, dass am großen Tag alles stimmt. Wenn bzgl. der Technik große Unsicherheit herrscht, dann ist die IT der beste Freund. Werden die Mitarbeitenden dort informiert, dass eine große Verhandlung ansteht, kann vereinbart werden, dass diese sich bereithalten und sofort einspringen, sollte es zu technischen Ausfällen kommen. Wie in Präsenzverhandlungen, ist es online auch absolut in Ordnung, kurz den Bildschirm zu verlassen, wenn der Stress zu groß wird und Sie mal zwei Minuten durchschnaufen müssen. Einfach kurz Kamera und Ton aus, sammeln, durchatmen und danach sortiert weitermachen.

Tipp 3: Der rote Faden

Drei Bildschirme, fünf Gesprächspartner, viele Fragen – werden Verhandlungen remote geführt, wird es gerne mal etwas unübersichtlich. Aus diesem Grund braucht es einen roten Faden. Gerne nehme ich dazu den Verhandlungsprozess von Jutta Portner zur Hand. Schreiben Sie dazu gerne das Wort NEGOTIATE einmal von oben nach unten auf. Das ist ein guter roter Faden, der einem bei Stress und Hektik hilft zu fokussieren.

  • N steht für „names & niceties.“ Auch bei digitalen Verhandlungen ist es wichtig, sich mit Namen vorzustellen und ein paar Nettigkeiten auszutauschen, um locker zu werden.
  • E steht für „establish general conditions“. Hier werden erst mal Grundregeln etabliert.
  • Weiter zu G „get stand points exchanged“, das heißt, es werden Standpunkte ausgetauscht. Wir sind jetzt schon in den ersten Schritten der Verhandlung angekommen.
  • steht für „observe and identify common ground.“ Hier geht es um die Suche nach Gemeinsamkeiten in der Verhandlung.
  • Und dann sind wir beim T „take note of diffrences“, also berücksichtigen Sie die Unterschiede. Diese Unterschiede sind auch das, was am Ende verhandelt wird.
  • Weiter geht es mit dem I „intitionate the negotation“ zu Deutsch: initiieren Sie die Verhandlung.
  • Bei A „agreement should be reached“ treffen Sie eine Übereinkunft.
  • Und nun die letzten beiden Buchstaben. T steht für „tasks should be distributet“, die Aufgaben und nächsten Schritte werden verteilt, bevor es
  • mit einem E endet „end, celebrate and safe farewell“. Ende, Ausklang und Abschied. Wenn der Verhandlungsprozess erfolgreich war, dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, das auch gemeinschaftlich im Team zu feiern.

Eine kurze Warnung an dieser Stelle: Wenn Sie im Einkauf einen super Schnapp gemacht haben, dann lassen Sie bitte die Champagnerkorken erst krachen, wenn der Lieferant das Meeting verlassen hat.

Tipp 4: Verhandlungsargumentation beherrschen

Gerade in Krisenzeiten brauchen wir gute Tools, zielorientierte Argumente mit umfangreichen Informationen und verschiedenen Fragetechniken. Wenn Sie das gut beherrschen und eine schlüssige Argumentationskette aufbauen können, dann steht Ihren Erfolgen kaum noch etwas im Weg. Ich nutze gerne die Verhandlungs-Argumentationsmethode „341625.“ Wenn Sie jetzt wissen möchten, was hinter diesem Zahlencode steht, dann melden Sie sich gerne bei mir. Ich freue mich darauf, mit Ihnen auf LinkedIn oder in einem persönlichen Termin darüber zu sprechen.

Fazit und Bonustipp

Zusammengefasst sind die Erfolgsfaktoren für remote Verhandlungen:

  1. Zahlen, Daten und Fakten sind griffbereit.
  2. Die Technik steht, es gab einen Probelauf und Sie haben Sicherheit.
  3. Der rote Faden im Verhandlungsprozess ist klar.
  4. Die Verhandlungsargumentation ist schlüssig und gut aufgebaut.
  5. Die Verhandlung war erfolgreich – bitte vergessen Sie nicht, das zu feiern.

Mein kleiner Bonustipp: Vergessen Sie den Humor nicht. Ja, wir alle im Einkauf sind uns bewusst, dass Verhandlungen eine ernste Sache sind und durchaus die Weichen für die Zukunft stellen. Doch sollte gerade im virtuellen Raum einmal etwas nicht ganz so gut klappen, dann ist das keine Schande, sondern vielleicht ein perfekter Grund für einen Lacher zwischendurch, der die Anspannung nimmt, Sie sympathisch macht und die Stimmung lockert.

Mehr zu diesem und anderen Themen für zukunftssichere Strategien im Einkauf gibt es auch zum Nachhören in meinem Podcast.

In meinem neuen Buch „Der Einkauf im Wandel“ erfahren Sie die 5 Erfolgsfaktoren, die den Einkauf der Zukunft ausmachen. Lesen Sie gerne rein.


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  • Realitätscheck: Alles nur Wunschdenken
  • Einen fehlerhaften Prozess digitalisieren
  • Wozu überhaupt digitalisieren?
  • Künstliche Intelligenz – Strohfeuer oder Dauerbrenner?

*Der einfacheren Lesbarkeit halber verwenden wir auf dieser Website das generische Maskulinum. Es ist uns wichtig zu betonen, dass alle Geschlechter sich gleichermaßen angesprochen und willkommen fühlen dürfen.