Hat Kreativität Platz im Einkauf?

Wenn ich bei meinen Gesprächspartnern aus dem Einkauf das Wort Kreativität anspreche, dann polarisiere ich des Öfteren. Insbesondere Menschen aus dem Topmanagement sehen Einkäufer heute noch als Preisdrücker und nicht als kreative Mitarbeitende. Schließlich gehe es im Einkauf um Zahlen, Daten, Fakten. Dem kann nicht gänzlich zustimmen. Natürlich spielen diese eine Rolle. Aber um der Situation, die gegenwärtig im Einkauf und am Markt herrscht, entgegenzuwirken, braucht es meiner Meinung nach auch im Einkauf ein gutes Maß an Kreativität.

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Durch alle Branchen hinweg beobachte ich, dass der Stress in den Einkaufabteilungen immens hoch ist. Das hat auch mit der momentanen Marksituation zu tun. Aktuell gibt es enorme Preissteigerungen bei verschiedenen Materialien. Sei es Stahl, Papier oder Holz und derzeit auch massiv bei Benzin, Strom und Gas. Diese Materialen oder die Energie an Bord zu bekommen, bedeutet Stress.

Allgegenwärtiger Stress und hohe Fluktuation

Bereits vor den Preiserhöhungen, den Krisen durch Corona und dem Krieg in der Ukraine, war in den Einkaufsabteilungen ein hohes Stresslevel zu sehen. Ich habe vielerorts eine extrem hohe Fluktuation erlebt und viele meiner Managementkollegen beklagen, dass sie weder am Markt noch inhouse Fachkräfte bekommen, die im Einkauf arbeiten wollen. Was passiert in Unternehmen, wenn die Belastung der Einkäufer immer größer wird? Am Ende bedeutet es, dass eventuell eine schlechtere Qualität eingekauft wird. Das wiederum schlägt sich auf die Produktion nieder und hat ebenfalls Auswirkungen auf die Kosten im Unternehmen. Auch das eigene Unternehmensrisiko steigt. Es könnte zu einem Stillstand kommen und man findet sich schnell in der Situation, selbst nicht liefern zu können. Was viele ebenfalls unterschätzen ist, dass ein schlecht aufgestellter Einkauf im eigenen Unternehmen auch keine Stütze für den unternehmensinternen Verkauf ist.

Die Suche nach den Schuldigen

Der Wettbewerbsdruck und Stress führen in vielen Unternehmen dazu, dass man sich gegenseitig blockiert. Doch gerade, wenn es um das Thema Strategie geht, gehören der Einkauf und der unternehmensinterne Verkauf zusammen. Allerdings wird allzu oft nicht an einem Strang gezogen, sondern eher „Finger-Pointing“ betrieben. Der Einkauf deutet auf die Produktion, die Produktion auf die Logistik, der Verkauf auf den Einkauf usw. Für alles wird ein Schuldiger gesucht – doch die Suche danach hält davon ab, echte Lösungen zu finden. Aus diesem Grund ist Kreativität im Einkauf nicht nur nice to have, sondern enorm bedeutsam. Auch in der Geschäftsführung muss ein Umdenken stattfinden. Wenn immer nur die Schuldfrage im Vordergrund steht – und glauben Sie mir, ich habe oft genug erlebt, dass der Einkauf zum Sündenbock gemacht wird – dann ist es nicht verwunderlich, dass kaum noch gute Mitarbeitende in den Einkaufsabteilungen arbeiten wollen. Mit jedem Mitarbeitenden der geht, verlässt auch immer wertvolles Know-how das Unternehmen. Und niemand kann sich das in der heutigen Zeit mehr leisten. Wenn also weitergemacht wird wie bisher, führt der Weg direkt in die Sackgasse.

Kreativität im Einkauf

Ich persönlich sehe den Einkäufer als jemanden, der kreativ sein muss. Auch die Führungskräfte sind gefragt, die Innovationsbereitschaft der Einkäufer zu fördern. Innovationen und neue Trends sind aber nur dann von Vorteil, wenn man auch Ideen hat, wie diese im eigenen Unternehmen umgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang stellt sich jetzt die Frage, wo genau die Kreativität im Einkauf Anwendung findet. Ich sehe das ganz klar im Aufbau von interdisziplinären Teams. Der Einkauf wird in Zukunft immer mehr an solchen Teams beteiligt sein und diese aufzubauen, gelingt nur mit Kreativität und dem Blick über den Tellerrand hinaus. Dazu muss von Seiten der Führungskräfte auch die Kooperationsbereitschaft zwischen dem Einkauf und dem internen Verkauf gefördert werden. In Gesprächen können die Einkäufer berichten, was gerade am Markt in Richtung Lieferanten los ist und die Verkäufer haben den Blick vom Markt Richtung Kunden. Die Perspektive beider Abteilungen ist notwendig, um innovative und kreative Lösungen zu schaffen. Auch wenn es um neue Prozesse und Projekte geht, sollte der Einkauf von Anfang an eingebunden werden. Denn kommt dieser erst zum Ende hinzu, dann lässt sich meist auch nicht mehr viel an der Situation verändern.

Fazit

Ein frühzeitiges Verknüpfen und Vernetzen der Führungskräfte mit anderen Abteilungen sowie der kreative Blick über den Tellerrand, sind für jedes Unternehmen heutzutage unabdingbar. Zudem ist es wichtig, die jungen Menschen, die jetzt in den Arbeitsmarkt kommen und zu den Fachkräften der Zukunft werden, zu fördern. Denn diese bringen bereits viele kreative und innovative Ansätze mit.

Abschließend frage ich Sie, wie kreativ Ihr Einkauf ist. Wenn Sie noch Verbesserungspotenzial sehen, dann lassen Sie uns gerne darüber sprechen. Vernetzen Sie sich hierzu einfach mit mir auf LinkedIn oder vereinbaren Sie einen kostenlosen Termin.

Mehr zu diesem und anderen Themen für zukunftssichere Strategien im Einkauf gibt es auch zum Nachhören in meinem Podcast.


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