Kaltblütiger Verhandlungsprofi oder Menschlichkeit im Fokus – was zeichnet den Einkäufer der Zukunft aus?

„Meine Geschäftsführung will mich als kaltblütigen Verhandlungsprofi. Was ist denn Ihre Meinung dazu, Frau Dammann-Götsch?“ Diese Frage kam während eines Mentorings auf den Tisch und ich habe eine klare Meinung dazu: Im Einkauf liegt der Gewinn und dieser wird von Menschen gemacht. Das war meine Antwort. „Ich soll die Gegenseite platt machen und davon bin ich echt genervt“, kam es zurück. Und daraufhin noch einmal: Im Einkauf liegt der Gewinn und dieser wird von Menschen gemacht.

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Im Zusammenhang mit diesem Thema kam ich dann auf die drei A zu sprechen, die in einem Verhandlungsprozess wichtig sind. Diese spielen neben den vielen anderen Bausteinen wie Information, Ziel, Strategie, Taktik, Ergebnis, und Erfahrung eine große Rolle und zeigen, wie Menschlichkeit den Einkauf weiterbringt.

A wie Argumentation
In einer Verhandlung muss ich Argumente finden, die mein Gegenüber überzeugen. Wenn ich weiß, dass dies eine einmalige Verhandlung ist und bleibt, dann kann ich durchaus auch einmal kaltblütig sein, denn ich werde nie wieder mit diesem Partner eine Verhandlung führen. Das kann zum Beispiel sein, wenn ich ein Haus kaufe. Selbstverständlich ist das nur eine Option und kein Muss. Wenn ich jedoch immer wiederkehrende Verhandlungspartner habe, dann werden diese sich ganz genau merken, an welcher Stelle der Einkäufer kaltblütig war. Als Einkaufsprofi muss ich Argumente finden, die meine Ziele beschreiben, meinen Standpunkt darlegen, die Forderungen untermauern, begründen und unterstützen. Diese Argumente erhalten oftmals mehr Gewicht, wenn wir auf Augenhöhe und partnerschaftlich mit jemanden verhandeln. Natürlich müssen sie auch schlüssig, nachvollziehbar und möglichst nicht zu widerlegen sein – aber „rummotzen“, von oben herab oder kaltschnäuzig zu sein, wirkt nicht sehr professionell. Oftmals verbaut man sich dadurch sogar den Weg für weitere Verhandlungen und es mag der Eindruck entstehen, dass die Argumente für sich nicht zählen und mit besonderer Kaltblütigkeit verstärkt werden müssen.

A wie Ausgangsposition
Das zweite A ist die Ausgangsposition. An dieser Stelle sollte sich der Einkäufer Gedanken darüber machen, wo er in der Verhandlung zu Beginn steht. Hat er zum Beispiel mit einem Engpass-Lieferanten zu tun, dann bedeutet das, es gibt nur wenige Alternativen und das Produkt ist nicht ohne Risiko zu beschaffen. Wird dieser Lieferant durch zu viel Kaltblütigkeit vergrault, dann ist er verloren – so kann schnell aus einer Bieter-Liste mit 10 Lieferanten eine mit nur fünf werden und am Schluss bleibt vielleicht sogar nur ein Lieferant übrig und dann wird es schwierig. Einkäufer müssen die Ausgangsposition stets im Blick haben. Auf der einen Seite gibt es das Versorgungsrisiko und auf der anderen das Thema Geld, beide sollten berücksichtigt werden. Ein Engpasslieferant hat z. B. oftmals eine führende Position am Markt und vielleicht sogar ein Monopol. Ein unkritischer Lieferant hingegen kann auch schnell ausgetauscht werden. Und dann gibt es noch Hebellieferanten. Hier ist es ein größerer Aufwand, einen neuen Lieferanten zu finden. Dieser Ausgangsposition muss man sich bewusst sein, wenn man in eine Verhandlung geht. Je nachdem, wie die Marktsituation und die Ausgangsposition sind, muss man sich in Verhandlungen positionieren.

A wie Antrieb
Das dritte A ist der Antrieb oder auch die Motivation. Einkäufer sollten in der Lage sein, die Motivation ihres Gegenübers zu erkennen. Das gelingt am besten mit viel Kommunikation und Austausch. Der Verkäufer, der einem gegenübersitzt, mag aber die Motivation haben, dass er Anerkennung und Lob von seinen Vorgesetzten bekommt. Häufig ist es auch so, dass Verkäufer zu zweit in Verhandlungen gehen. Und da möchte natürlich keiner mit dem Gefühl rausgehen, sein Gesicht verloren zu haben. Verkäufer haben Erfolgsdruck von Vorgesetzten und Unternehmen und müssen Ergebnisse erzielen. So ist ihr Antrieb, keine Fehler zu machen und auch ein Stück weit die Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes. In diesem Bereich kann viel kaputt gehen, wenn die Verhandlung nicht auf einer partnerschaftlichen und menschlichen Ebene geführt wird. Selbstverständlich heißt das nicht, dass der Preis keine Rolle spielt, doch wie schon eingangs erwähnt, wird der Gewinn von Menschen gemacht. So wie der Verkäufer seinen Antrieb hat, haben natürlich auch Einkäufer den ihren. Und je nach Ausgangspunkt werden sie ihre Taktik und Strategie auswählen. Aber wir dürfen nie vergessen, dass unser Gegenüber ein Mensch ist.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen: Im Einkauf liegt der Gewinn und der wird vom Menschen gemacht. In einer partnerschaftlichen Art und auf Augenhöhe. Was erwarten Sie von Ihren Einkäufern? Sollen sie möglichst kaltblütig sein oder bevorzugen Sie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit? Mich interessiert, welche Erfahrungen Sie hier bereits gemacht haben und freue mich auf einen Austausch mit Ihnen: gerne auf LinkedIn oder in einem persönlichen Termin.

Mehr zu diesem und anderen Themen für zukunftssichere Strategien im Einkauf gibt es auch zum Nachhören in meinem Podcast.

 

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