Nearshoring – was steckt hinter dem Einkaufstrend?

Ausgelöst durch die Corona-Pandemie und verschärft durch den Krieg in der Ukraine sind zahllose global verknüpfte Lieferketten ins Wanken geraten. Insbesondere lange Transportwege mit vielen Zwischenstationen, das sogenannte Offshoring, war besonders anfällig, weshalb der Trend im Einkauf Richtung Nearshoring Lösungen zeigt. Sehen wir uns einmal genauer an, was dahintersteckt.

Beim Offshoring wird die Produktion ins weit entfernte Ausland verlagert. Besonders beliebt in Europa sind asiatische und südamerikanische Länder, da dort die Herstellungskosten vergleichsweise niedrig sind. Nun zeigt sich allerdings, dass dieser Vorteil mit Unsicherheiten und Schwachstellen beim Transport einhergeht. Aus diesem Grund tendieren viele Unternehmen dazu, ihre Fertigungskapazitäten ins eigene oder ein nahgelegenes Land zurückzuholen.

Was versprechen sich Unternehmen vom Nearshoring?

Durch das Nearshoring wollen Unternehmen in erster Linie wieder mehr Kontrolle und eine geringe Abhängigkeit von äußeren Umständen, da die Zuverlässigkeit der Versorgung mit Waren höher ist. Allerdings steigen auch die Produktionspreise, die sich aber durch geringere Transportkosten ausgleichen können. Speziell die gestiegenen Energiepreise sind ein weiterer Treiber dafür, warum sich Unternehmen mit Re- und Nearshoring befassen. Wie bei allem im Leben bringt das Vor- und Nachteile mit sich, von denen wir einige im Folgenden näher beleuchten wollen.

Vorteile von Nearshoring

Sehen wir uns zunächst einige Vorteile an, die das Nearshoring mit sich bringt.

1. Die Kommunikation wird vereinfacht

Verlagert ein Unternehmen die Fertigung in ein nahegelegenes Land, verbessert sich damit meist auch die Kommunikation. Das liegt daran, dass man in einer viel näheren, wenn nicht sogar der gleichen, Zeitzone angesiedelt ist und zudem die Sprachbarriere meist ebenfalls geringer ausfällt. Im europäischen Ausland verfügen die Menschen in der Regel über sehr gute Englischkenntnisse, während im asiatischen Raum noch nicht alle so weit sind.

2. Unternehmen sind leichter erreichbar und es wird übersichtlicher
Ein weiterer Vorteil von Nearshoring liegt darin, dass sowohl der Transport der Waren als auch die Abläufe übersichtlicher sind und Unternehmen sich leichter erreichen lassen. In vielen Fällen ist es deutlich einfacher, wenn die Produkte nicht per Schiff, sondern über Straßen oder Züge transportiert werden können. Außerdem ist es für Unternehmensvertreter oder Einkäufer angenehmer, wenn sie keine stunden- oder gar tagelange Reisen auf sich nehmen müssen, um die Betriebe zu besuchen.

3. Ein gemeinsames Verständnis

Selbstverständlich hat jedes Land seine eigene Kultur, dennoch sind die Unterschiede im europäischen Raum nicht so drastisch wie zum Beispiel zum Asiatischen oder Südamerikanischen. Dadurch entstehen weniger Missverständnisse und es herrscht beim Nearshoring allgemein ein gemeinsames kulturelles Verständnis.

4. Schonung der Umwelt

Der Klimawandel und die daraus entstehende Nachhaltigkeitsbewegung sensibilisiert Verbraucher und erhöht die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen. Viele Menschen achten zunehmend darauf, woher die Produkte stammen und welchen Weg sie hinter sich haben. Auch Unternehmen achten vermehrt auf ihren ökologischen Fußabdruck, der durch Nearshoring erheblich verkleinert werden kann. Die durch Nearshoring kürzeren Transportwege schonen somit die Umwelt.

Nachteile von Nearshoring
Drehen wir die Medaille nun einmal um und betrachten die Nachteile, die Nearshoring mit sich bringen kann.

1. Hindernisse überwinden

Planen Unternehmen die Verlagerung großer Produktionsanlagen oder andere Aspekte in ein neues Land, ist dies mit erheblichen Veränderungen verbunden. Gerade am Anfang gilt es, einige Hindernisse zu überwinden und Erfahrungen zu sammeln, was mitunter zeit- und kostenintensiv sein kann.

2. Verzögerungen im Betrieb

Ist das Unternehmen nicht in der Lage, die Produktion auf dem neuen Markt aufzubauen, bevor der Betrieb im derzeitigen Land eingestellt wird, kann es zu Verzögerungen im Betrieb kommen. Nearshoring setzt somit eine gute und genau Planung voraus, damit alles reibungslos ablaufen kann.

3. Neue Partner finden

Wechselt das Unternehmen von dem einem in ein anderes Land, geht dies immer damit einher, dass alte Geschäftsbeziehungen beendet und neue geknüpft werden müssen. Das bedeutet, dass das nötige Vertrauen aufgebaut werden muss, was gerade in der Anfangszeit eine intensive Pflege der neuen Beziehungen voraussetzt.

4. Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel macht nicht vor unserer Haustür halt, auch viele andere Länder kämpfen damit. Es kann somit eine große Herausforderung sein, die richtigen Fachkräfte für die in einem neuen Markt erforderlichen Arbeiten zu finden.

Fazit

Nearshoring bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Es ist durchaus dafür geeignet, Lieferketten resilienter und stabiler zu machen, doch es ist kein Selbstläufer. Aus diesem Grund empfehle ich Unternehmen, vorher abzuwägen, ob Offshoring, Nearshoring oder Reshoring für sie am besten geeignet ist. Sehr gerne können Sie dies auch in einem persönlichen Termin mit mir besprechen.

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